100 Jahre Wiesner-Hager Möbel: Erfahrungsbericht von Architekt Laszlo Mazák.

100 Jahre Wiesner-Hager Möbel: Laszlo Mazák, der in den späten 1950er-Jahren Möbelprogramme für Wiesner-Hager gestaltete, gibt Einblick in eine Zeit der Neuorientierung des Unternehmens, welche Anfang der 1960er-Jahre begann.

Zwei verschiedene Polstermöbelversionen in schwarz-weiß. | © Laszlo Mazák

Wiesner-Hager Ende der 50er-Jahre. Aufbruch zu neuen Ufern. 

Zu dieser Zeit gab es in Österreich zwei Unternehmen der Sitzmöbelindustrie: Firma Polak in Wien und Wiesner-Hager in Altheim. Beide produzierten herkömmliche und bewährte Modelle, vorwiegend Stühle in Buchenholz, zum Teil auch mit Polsterung. Der Marktanteil war deutlich zu Gunsten von Wiesner-Hager verteilt, deren Marktanteil ungewöhnlich hoch war. 1957 betrug der Umsatz 61 Millionen Schilling – aus dem Lieferumfang ausschließlich in Österreich.
 In Wien war Wiesner-Hager an absoluter Toplage präsent: Der Ausstellungsraum befand sich im Adolf-Loos-Haus am Michaelerplatz. Mieter dieser Räumlichkeiten. war Walter Pribik, selbständiger Großhändler und Exklusivvertreter für Wiesner-Hager in Wien und Niederösterreich. Entsprechend der Bedeutung dieses Marktes kamen von ihm häufig Anregungen zur Produktentwicklung und zur Zusammenarbeit mit Architekten und Designern. Pribik kreierte auch den Markennamen AUSTRO SESSEL, welcher sich allerdings später bei Überlegungen und Vorbereitungen für den Export als Problem erweisen sollte: In Deutschland – für den Export der naheliegende Markt – ist der Sessel in der Regel ein Möbel mit Polsterung und Armlehnen, der österreichische Sessel hingegen ein Stuhl! Und AUSTRO STUHL war wohl nicht empfehlenswert. Nach langen Beratungen und Konsultationen diverser Werbe-Fachleute einigte man sich wieder auf die ursprüngliche Bezeichnung Wiesner-Hager. Ende der Fünfzigerjahre kamen immer häufiger Sitzmöbel als Importe nach Österreich. Aus Deutschland und Italien fanden sich hochpreisige Design-Top-Modelle, welche meist im Objektbereich von den ausführenden Architekten geordert wurden. In Altheim erkannte man bald die Notwendigkeit einer Entwicklung in diese Richtung. Erste Schritte wurden auf Initiative Walter Pribiks unternommen.

Zu dieser Zeit wurde das Hauptgeschäft ausschließlich über den Handel abgewickelt, während der Objektbereich hauptsächlich aus Saalbestuhlungen für Kinos usw. bestand. Als Architekt und Sitzmöbeldesigner in Wien wurde ich auf Empfehlung Walter Pribiks für die Produktgestaltung eines neuen, den Marktgegebenheiten entsprechenden Programmes engagiert. Absolut neu im Angebot war nun ein komplettes Polstermöbelprogramm für die Sparte Handel und eine Modell-Offensive für Büro und Objekt! Dieses neue Programm wurde auf meine Initiative erstmals an der Wiener Messe 1958 vorgestellt, begleitet von neuer Werbung. Der Erfolg war außerordentlich! Er manifestierte sich natürlich auch in den Umsatzzahlen: 82 Millionen Schilling im Jahr 1959, 98 Millionen Schilling, 1961 und 151 Millionen Schilling 1966!

Langsam, aber kontinuierlich entwickelte sich das Unternehmen in Richtung der heutigen Konstellation. Dank des entsprechenden Modellangebotes nahm das Objekt-Geschäft an Umfang zu. Allerdings war immer noch der Hauptumsatz dem Händlergeschäft zu verdanken. Ein mühsames Unterfangen: Unzählige Kleinaufträge, die per Bahn geliefert wurden, was häufig zu Transportschäden und Lieferverzögerungen führte. Damals entschloss man sich, eine eigene LKW-Lieferflotte anzuschaffen, um den Handel effizienter zu bedienen.
 
Die endgültige Hinwendung zum Büro- und Objektgeschäft erfolgte nach der Neuorganisation und Teilung des Gesamtunternehmens, welches neben der Möbelsparte aus Bauunternehmung, Holzkonstruktion, speziell Leimbinderherstellung, und Sägewerk bestand.
 
Das Unternehmen Wiesner-Hager ist im Bereich Büro- und Objektmöbel heute einer der bedeutendsten Marktplayer auf europäischer Ebene.
 
Dipl. Arch., Industr. Designer
Laszlo Mazák

Ältere Person mit weißen Haaren und Schnauzbart sitzt vor einer Geburtstagstorte.

Über Laszlo Mazák

Laszlo Mazák war als Architekt und Sitzmöbeldesigner zunächst in Wien tätig. Von 1957 bis 1961 arbeitete der heute 95-Jährige mit Wiesner-Hager zusammen und trug mit seinen Möbelprogrammen unter anderem auch zur Weiterentwicklung der Sparten Büro und Objekt bei. „Meine Jahre bei Wiesner-Hager in Altheim brachten mir reiche Erfahrungen, eine sehr befriedigende Arbeit, wertvolle menschliche Beziehungen und nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Erfolg“, resümiert Mazák, der heute in der Schweiz lebt, über seine Zeit bei Wiesner-Hager.

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